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50 Jahre Gelenktrolleybusse in Luzern

10.01.2016 00:00:00 | Roman Zai | 0 Kommentare
Der Hess Swisstrolley Nr. 225 gehört zur neusten Generation von Gelenktrolleybussen in Luzern.

Heute sind sie alltäglich, ja aus dem Strassenbild der meisten Städte nicht mehr wegzudenken: die Gelenkfahrzeuge im öffentlichen Verkehr. Allerdings ist es gar noch nicht solange her, dass diese leistungsfähigen "Ungetüme" Einzug in unseren Alltag gehalten haben und teilweise andere Systeme zur Beförderung grosser Passagierströme zu verdrängen begannen.

Auslöser für die Anschaffung der ersten 14 Luzerner Gelenkfahrzeuge waren die vermehrten Kapazitätsengpässe zu den Spitzenzeiten, namentlich auf den beiden Hauptlinien nach Kriens und Emmenbrücke. Diese waren eine Folge des massiven Passagierwachstums in jener Zeit, verursacht durch die starke Bevölkerungszunahme und die boomende Wirtschaft in der Stadt und Agglomeration Luzern. Die im Zuge der Umstellung von Tram- auf Trolleybusbetrieb von 1959 bis 1963 angeschafften 42 12.5 Meter langen "Grossraumtrolleybusse" und die 18 älteren und kleineren Wagen reichten somit zur Bewältigung des Verkehrsaufkommens auf dem Trolleybusnetz bereits nicht mehr aus.

Mit dem Ziel, möglichst schnell Abhilfe zu schaffen und die neuen Busse zur Verfügung zu haben, war eine kurze Lieferfrist gefragt. Unter anderem aus diesem Grund wurde ein ausländisches Produkt gewählt und bei den deutschen Firmen Büssing (Fahrgestell), Emmelmann (Aufbau) und Siemens (elektrische Ausrüstung) bestellt. Bereits rund ein halbes Jahr nach Auftragsvergabe traf das erste Exemplar am 10. Dezember 1965 auf dem Schienenweg in Luzern ein. Nach Probe- und Instruktionsfahrten gingen die neuen Wagen 151-164 vom 10. Januar bis zum 4. Mai 1966 sukzessive in Betrieb und konten damit bereits im Winter 1965/66 die Kapazitätsprobleme etwas lindern. Luzern war nach Zürich, Winterthur, Bern und Genf die fünfte Stadt, die solche "Tatzelwürmer" einführte (dieser Begriff tauchte bereits damals in den Medien auf, obschon er aus heutiger Sicht mit den 40 Jahre später eingeführten Doppelgelenkwagen in Verbindung gebracht wird).

Interessant ist im Zusammenhang mit der Einführung der Gelenkfahrzeuge, dass diese auch eine Änderung der Einstiegsmodalitäten unabdingbar machte: war bislang auf den Trolleybuslinien der Einstieg bei der hintersten Türe üblich, um beim Billetteur einen Fahrausweis zu lösen oder sein Abonnement vorzuweisen, so hätte dies bei den neuen Fahrzeugen zu Problemen geführt, unter anderem weil die Plattform bei der hintersten Türe etwas weniger Stauraum als bei den zuletzt angeschafften zweiachsigen "Grossraumwagen" bot. Deshalb wurde auf den 10. Januar 1966 auf den Hauptlinien 1 und 2 - allerdings beschränkt auf das Stadtgebiet - jenes System eingeführt, welches sich auf den rein innerstädtisch verkehrenden Linien 4 und 5 bereits seit rund zehn Jahren bewährte: die sogenannten "Sichtabonennten" mit Wochen-, Monats- oder Jahreskarten durften von nun an vorne beim Chauffeur einsteigen, der somit neu ebenfalls ganztags mit der Kontrollaufgabe betraut wurde. Ausgestiegen wurde dann bei den Gelenkfahrzeugen an den beiden mittleren Türen. Daneben verblieb das System der "Einmannwagen" in den Schwachverkehrszeiten, bei welchem der Chauffeur zusätzlich zum Fahren mit der Aufgabe des Billettverkaufs und der Kontrolle betraut wurde. Diese beiden Systeme stellten eine Zwischenstufe vor Einführung des "unkontrollierten Einstiegs" dar, was der heute gebräuchlichen Bezeichnung "Selbstkontrolle" entspricht. Letztere machte dann die Billetteure gänzlich überflüssig, erforderte hingegen neu Kontrolleure für Stichproben der Fahrausweise und später auch das Aufstellen von Billettautomaten zwecks Aufhebung des Billettverkaufs durch den Chauffeur.

Die charakteristischen Büssing-Gelenktrolleybusse prägten das Strassenbild von Luzern gut zwanzig Jahre bis Ende der 1980er Jahre. Neben anfänglichen sporadischen Einsätzen zur Allmend (bei Anlässen) waren sie fast ausschliesslich auf den Linien 1 Maihof–Kriens und 2 Würzenbach–Emmenbrücke anzutreffen, auf letzterer häufiger nachdem 1975 eine zweite Gelenktrolleybusserie dazugekommen war und sich die Anzahl dieser kapazitätsstarken Fahrzeuge somit verdoppelt hatte. Es bleibt anzumerken, dass bei späteren Beschaffungen von Gelenkfahrzeugen im Zuge veränderter Rahmenbedingungen manchmal andere Prioritäten als der Kapazitätsausbau im Vordergrund standen (und stehen): der Einsatz von grösseren Gefässen auf einer Linie kann auch die Möglichkeit einer Taktausdünnung unter Gewährung der gleichen oder sogar einer grösseren Beförderungskapazität bieten, was beispielsweise eine Reduktion der Personalkosten ermöglicht.

Bilder aus den 1970er Jahren, wo die formschönen 60er Jahr-Fahrzeuge im Einsatz zu sehen sind, finden sich hier. Gelenktrolleybus Nr. 162 konnte übrigens 2009 dank der Zusammenarbeit zwischen RétroBus Léman und unserem Verein buchstäblich in letzter Minute in Schenkon (LU) gerettet werden. Damit ist ein wichtiger Zeuge der Zentralschweizer Verkehrsgeschichte für die Nachwelt erhalten geblieben.
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